Winterreifen im Sommer: geht das? Winterreifen bis zur letzten Rille abfahren birgt Gefahren

In Deutschland gilt die situationsbedingte Winterreifenpflicht. Das heißt bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte schreibt der Gesetzgeber Winterreifen mit entsprechender Kennzeichnung vor. Für viele Autofahrer beginnt daher im Frühjahr und im Herbst die fünfte Jahreszeit – es ist Reifenwechselsaison. Wessen Pneus nicht mehr für eine weitere Wintersaison halten, weil das Reifenprofil bereits unter die zu empfehlende Marke von 4 Millimetern abgefahren ist, steht vor einer Neuanschaffung. Um die Sommerreifen zu schonen, glauben einige die Winterreifen bis zur gesetzlich vorgeschrieben Mindestprofiltiefe von 1,6 Millimetern abfahren zu können und den Reifenwechsel damit hinauszuzögern. Aber darf man überhaupt mit Winterreifen im Sommer fahren beziehungsweise ist das zu empfehlen? 

Fahrzeugexperte Christian Heinz vom TÜV Thüringen klärt auf. „Winterreifen können natürlich auch im Sommer gefahren werden. Denn es gibt in Deutschland keine Sommerreifenpflicht. Eine guter Rat ist das jedoch nicht“, so Heinz. Winterreifen verfügen über eine wesentlich weichere Gummimischung als ihre Sommer-Pendants. Diese ist speziell auf kältere Temperaturen abgestimmt. Hier kann der Winterreifen auch aufgrund seiner Lamellenprofilierung seine Vorteile ausspielen. Bei zweistelligen Plustemperaturen haben Winterreifen jedoch gravierende Nachteile gegenüber Sommerreifen. „Durch die weichere Mischung erhöhen sich nicht nur der Reifenverschleiß und der Spritverbrauch, durch das Walken der Reifen – also die Verformung beziehungsweise Instabilität des Materials bei hohen Temperaturen – verändert sich auch das Fahrverhalten des Wagens. Gerade in Kurven reagiert das Fahrzeug dann schwammig. In brenzligen Situationen kann das zum Unfallrisiko werden“, warnt Reifenexperte Christian Heinz.

Ein weiterer sicherheitsrelevanter Nachteil von Winterreifen im Sommer ist der längere Bremsweg. Dieser kann sich bei einer Vollbremsung von 100 auf null fast verdoppeln. Auch hier ist die auf winterliche Temperaturen abgestimmte Gummimischung verantwortlich. Wenn jetzt noch der fast abgefahrene Winterreifen ins Spiel kommt, kann es gefährlich werden. „Reifen sollten generell nie bis zur letzten Rille – also nicht bis zur gesetzlich vorgeschriebenen Mindestprofiltiefe – abgefahren werden. Je weniger Profil der Reifen hat, umso schlechter sind Traktion und Bremsverhalten auf nasser Fahrbahn“, erklärt Heinz.